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Montag, 29. Juni 2009

Wie süß die Liebe ist

Liebe Leser, es gibt manchmal eigenartige Kupferstiche und Bilddarstellungen, von denen man nicht leicht sagen kann, was sie bedeuten sollen und was sich hinter ihnen versteckt. In einem interessanten BLOG von Bibliodyssey (http://bibliodyssey.blogspot.com/) habe ich diesen Kupferstich gefunden:

Das Bild ist von Adriaen Pietersz van de Venne gemalt und wahrscheinlich von Jacob Matham gestochen worden. Es ist nicht signiert, man weiß es nicht ganz genau. Van de Venne ist ein sehr produktiver Kupferstecher im 17. Jahrhundert gewesen, der auch für Emblembücher gestochen hat (so nähert man sich schon der Wahl des Motivs). Ich wollte gerne Ihnen eine kleine Ansprache halten, warum das Schlittschuhlaufen so typisch ist für viele Bilder aus dem 17. Jahrhundert, aber das möchte ich auf später verschieben. Jetzt möchte ich Ihnen nur noch einen Fund zeigen, der zu dem Stich mit den beiden Eulen paßt. Ich habe ihn aus dem umfangreichen Werk von Hollstein, Dutch and Flemish Etchings, Engravings and Woodcuts 1450-1700, Vol. XXXV, No. 19, entnommen. Auch hier ist der Zeichner van de Venne und der Stecher Matham. Die Qualität ist nicht so gut, weil es von einer Kopie genommen ist:

Aber so süß kann die Liebe nicht sein, wenn Sie auf die Gesichter schauen... Sie sehen aber auch hier, daß angespielt wird auf Sprichwörter und dem Bild ein Motto zugeschrieben ist, das verweist auf die emblematische Struktur. Nur es ist eine ironische Umschreibung enthalten. Man kann an das alte Sprichwort denken: "Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch." (Wanneer de kat van huis is, dansen de muizen op de tafel). Und auch an die Redewendung: "Sie sind wie Katze und Hund". Aber ganz bestimmt leben die Beiden nicht wie ein Hund und eine Katze, es geht ihnen doch ganz gut.

Daß es Ihnen auch so gut geht, wünscht Ihnen von Herzen Ihr Geert de Kuyper

Sonntag, 21. Juni 2009

Eine kleine Betrachtung zum Anfang

Was macht ein Sammler, der ein gutes Exemplar von einem Buch besitzt, das für ihn eine große Bedeutung hat, das er seit Jahren treu aus dem Regal nimmt, um die Abbildungen anzuschauen, um die Motive und Bildunterschriften zu vergleichen, auch schon viele Zettel mit Notizen in das Buch gesteckt hat, das ihm viele glückliche Stunden im Leben beschert hat, was macht so ein Sammler, der ein weiteres, besonderes Exemplar dieses Buchs in einem Antiquariat findet?


So ist es mir gegangen mit der Ausgabe der Wercken von Cats aus dem Jahr 1726, einem besonders luxuriös gestalteten Emblembuch mit über 400 Bildern, der letzten und besten Ausgabe in Folio. Bei meinem altem Exemplar sind zwei Teile in einem Band gebunden, was schon einen sehr dicken Rücken macht, aber das Leder ist stark genug, das zu halten. Es ist wie ein altes Möbel und wackelt etwas. Es war einmal bestimmt ein sehr schönes Stück in rotem Marocco–Leder mit vergoldetem Rahmen auf den Deckeln, aber es ist doch gedunkelt und abgegriffen. Der schwere Block hat die Kanten bestoßen, und die Ecken unten sind schon gerundet. Aus der Zeit der Ofenheizung vielleicht ist Asche in die Bindung gefallen und hat es dort gedunkelt.


Das neue Exemplar, was ich gesehen habe, ist ein Spitzenstück. Es sind zwei Bände auf schneeweißem, besonders großem Papier, die Kupferstiche sind perfekt und fast plastisch gedruckt. Die Einbände sind aus hellbraunem Kalbsleder mit dunkelbraunen Intarsien an den Deckeln, die mit breitem vergoldeten Filetenwerk abgegrenzt sind. Auch der Rücken ist mit einer sauberen Carre–Vergoldung versehen, wie sie im Rokoko üblich war. Vielleicht ist es etwas später gebunden, aber es ist nahezu wie aus der Werkstatt. Das habe ich so noch nicht gesehen.


Was macht der Sammler? Zuerst sagt er sich, daß ist ganz schön, aber es ist nicht so ein seltenes Stück. Das stimmt schon, aber oft ist diese Ausgabe kaputt oder dreckig, weil diese Bücher gerne angeschaut worden sind. Dann sagt er sich, ich habe ja schon ein Exemplar, das ist fast genauso schön. Und das hier ist auch viel zu teuer. Da stimmt beides nicht. Dann hofft er, vielleicht hat es einen Mangel und es fehlt etwas. Aber das stimmt auch nicht, es hat sogar zwei zusätzliche Kupfer aus einem anderen Emblembuch als Zugabe. Dann geht er nach Hause und denkt sich, es ist besser, etwas zu kaufen, was ich noch nicht habe. Aber er ärgert sich auch, weil er weiß, daß er so ein Stück nicht wieder bekommen wird und dann ärgert er sich noch mehr, daß er nicht zufrieden ist mit dem, was der liebe Gott ihm gegeben hat und schon bezahlt ist.


Zuhause hat er dann das Gefühl, er darf sein altes Exemplar gar nicht mehr so richtig anschauen, als ob er es betrogen hat. Dann ärgert er sich, so einen Quatsch zu denken. Aber so nach und nach macht er sich einen Plan, warum er das zweite Exemplar doch haben muß. Es gibt Abbildungen zum vergleichen und Varianten zum untersuchen, das alte Buch kann er als Arbeitsexemplar nehmen, das neue nur ein paar Jahre behalten und dann verkaufen und so fort. Und der Verkäufer ist auch ein fairer Händler und hat immer schöne Bücher gehabt. Wenn ich es auf einer Versteigerung sehen würde und mich gleich entscheiden müßte, würde ich es bestimmt kaufen, sagt sich der Sammler. Und dann ist es bald beschlossen, daß es das Vernünftigste ist, schnell das neue Exemplar zu kaufen. Nur hoffentlich hat in der Zwischenzeit kein anderer das Buch mitgenommen (das ist eine Angst, die ganz grundlos ist, das weiß man, wenn man den antiquarischen Buchhandel kennt).


Das war nur eine kurze Betrachtung, wie Liebe oft mit einem kleinen Schmerz gemischt ist. Jedenfalls war es bei mir immer so. Wie die Näherin bei Cats zu dem liebeskranken Cavalier sagt: „Ehe man genießt die Freuden / muß man vorher manches leiden“ (Motto: Post tristia dulcor).


Das wünscht Ihnen auch, aber nicht zu übertrieben, Ihr Geert de Kuyper.