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Samstag, 25. Juli 2009

Das Antiquariat im Internet aus der Sicht eines Sammlers

Es ist schon komisch, wenn man nach zwei Wochen, die man nicht im Internet gearbeitet hat, zurückkommt und schaut auf die verschiedenenen Seiten, die man immer besucht. Es ist fast so, als ob man ein bißchen krank gewesen ist und der Arzt verboten hat, nach draußen zu gehen. Wenn man dann wieder hinaus geht, merkt man aber, daß es fast alles so ist wie bevor.

Heute hat Herr Dr. Göllmann bei Twitter einen Hinweis gegeben. Der Gründer der Bookfinder-Plattform, Herr Anirvan Chatterjee, ruft auf zu der Beteiligung an einer „Geschichte des Online-Handels mit Büchern aus der Sicht der Betroffenen“. Ich darf Ihnen den Link hier geben:

http://journal.bookfinder.com/ Und diesen: http://www.booksellinghistory.org/

So eigentlich kann mir das ganz egal sein, denn ich bin ein Sammler und nicht ein Antiquar, und es ist ja auch eine gute Sache, wenn eine Entwicklung recherchiert wird für die Nachwelt aus der Sicht der Betroffenen. Ich habe zu lange die Historiker von der Annales-Schule gelesen, um das nicht zu wissen.

Aber ich habe doch gedacht: Das ist ziemlich cynisch, daß die Computer Leute, die alles umgedreht haben im Handel mit den Alten Büchern, jetzt auch noch die Beiträge sammeln wollen für die eigene Festschrift, und daß die Antiquare jetzt ihren eigenen Grabstein beschreiben sollen (ein bißchen ist es ja so, oder nicht?). Man möchte doch ein Lineal nehmen und Ihnen etwas auf die Finger klopfen, oder nicht? Herr Dr. Göllmann hat aber auch geantwortet, daß die Welt im Internet nicht schwarz ist und weiß und daß die Antiquare ja auf den Plattformen verkaufen können. Das stimmt natürlich auch, aber in mir ist eine Neigung aufgewacht gegen diese Art, die Sache zu sehen, und das will ich jetzt zusammenfassen.

Es ist eine von meinen großen Freuden gewesen, hier in Deutschland, in Dänemark, Schweiz, Italien und in meiner Heimat die Antiquariate zu besuchen und durchzuschauen. Es gab verschiedene Gattungen von Geschäften, das ist so, gute Geschäfte und schlechte Gschäfte dabei. Aber man wußte es, wenn man dahin ging. Eine zweite große Freude war immer für mich, die Kataloge aus England, den Niederlanden und Deutschland zu bekommen. Wenn Sie ganz luxuriös waren, war es am besten. Es gab in den Winkels (niederländisch für Läden, das paßt doch ganz gut) manchmal Leute, die man in ein Museum bringen mußte, weil sie so originell waren, oder in eine Universität, weil sie so schlau waren. Und man wußte doch genau, wenn Du dahin gehst, dann kannst Du ein paar Taschenbücher kaufen, wenn Du anderswo hingehst, kannst Du das Unglück erleben, daß der Laden wieder geschlossen ist, weil der Besitzer eine Weinflasche gefunden hat in seinem Lager, und wenn Du dahin gehst, kannst Du ganz gute Sachen kaufen, aber Du mußt ein bißchen mehr Geld mitnehmen und so fort. Das merkte man gleich, wenn es ein richtiger Antiquar war, der seine Sache verstand. In Bremen gab es ein kleines Haus in der Altstadt, da war ein Händler, der war ein Experte in seinem Gebiet, er hat die Kunden aus der Tür geworfen, wenn er gemerkt hat, daß sie nur Quatsch reden wollten. Ich bin oft nach Hause gegangen mit einem Buch und habe umsonst eine Geschichte mitgenommen, die war manchmal noch schöner, als das Buch, und die Gegend gesehen, wo das Buch herkommt. Viele Kataloge stehen hier heute auch bei mir im Regal und ich nehme Sie heraus und kann nachlesen und lerne viel dazu, obwohl ich sie schon so oft gelesen habe.

Wenn ich heute alle die Bücher kaufen soll, die ich so bekommen habe, dann habe ich quadratische Augen und bin fett geworden vom Sitzen vor dem Computer. Und nach ein paar Tagen kommt ein Paket, aber es gibt keine Geschichte dazu, nur eine Factura. Ich habe es schon erlebt, es ist nicht einmal die Beschreibung von dem Buch mehr nachzuschauen im Internet. So das ist für mich schon ein Grund, wieder die Antiquare personlich zu besuchen. Aber was ist da passiert? Die Winkels sind geschlossen, nur ein paar sind noch da. Und es ist nichts mehr zu entdecken in den Ladengeschäften, was nicht verglichen ist und schon 5 Mal überall angeboten wird.

In den Niederlanden ist es sogar zu einer großen Concentration gekommen. Die großen Händler haben viele kleine Händler gekauft, weil die sich nicht mehr ernähren können und jetzt geflohen sind in eine fremde Arbeit. In Deutschland ist es anders, wegen der Arbeitslosigkeit auch, da ist es fast anders herum, und es gibt viele Tausend neue Antiquare, die im Internet Bücher verkaufen wollen. Aber das sind gar keine Antiquare, auch wenn man den guten Willen hat und gerne möchte, daß sie Antiquare sind. Das sind second-hand-bouquinisten, die muß es auch geben, aber nicht ein paar Tausend. Und wenn die ein gutes Buch haben, dann verkaufen die es für die Hälfte vom Wert und ruinieren noch die richtigen Antiquare.

Und die Plattformen (von den Plattformen gibt es auch viele) mischen alles zusammen. Das ist ein Pot-auf-feu von Durcheinander, der kann nicht schmecken. Und man kann nicht denken, daß Bücher-Kenner die Plattformen gemacht haben. Die Plattformen funktionieren schon, das müssen Maschinen ja. Aber man denkt, daß Marsmenschen gelandet sind, die gar nicht verstehen, was Bücher sind und wie sich die Bücher ja aufteilen. Man muß denken, daß die Marschmenschen noch nicht eine Buchkunde gelesen haben und die Bücher sortieren in große, kleine, rote, grüne, dicke, dünne und so fort. So es ist wie auf dem Flohmarkt. Man muß einen Berg umgraben, der Verkäufer weiß nichts, und dann kann man vielleicht Glück haben und etwas Schönes finden. Aber wenn ich das möchte, dann gehe ich personlich auf den Flohmarkt.

Der alte Handel ist so umgemodelt worden ist durch das Internet, das finde ich ganz furchtbar. Aber es ist nicht zurück zu drehen. Es ist wie ein Buch von Dickens, als ob ein Manchester Kapitalist ein Dorf gekauft hat mit alten Manufakturen und die Leute auch gekauft hat und überredet, jetzt in der Fabrik zu arbeiten. Und nach ein paar Jahren haben sie es vergessen, was sie vorher waren, und sind Gehilfen von den Automaten geworden. Und dann sagt der Fabrikbesitzer: So, jetzt mußt Du 100 Stücke machen, nicht mehr nur 90, und übermorgen mußt Du 120 machen, aber das Geld bleibt gleich. Aber Du kannst auch kündigen, dann darfst Du zu der Fürsorge gehen.

Das ist eine Folge davon, daß die modernen Bücher und die bibliophilen Bücher (so zwischen 200 und 2000 Euro) billiger geworden sind. Zu billig ist aber gar nicht gut. Da kann der Antiquar nicht gut leben, und dem Sammler macht es doch schon gar keinen Spaß mehr, sie zu kaufen, wenn sie immer billiger werden. Es ist immer alles zu bekommen, aber es ist wie vor die Füße geworfen. So geht man nicht um mit den Sachen, die einen Wert haben sollen, und damit sagt man den Antiquaren: „Du bist nichts wert, und Deine Arbeit auch nicht!“

Und es ist auch die Frage, wie die junge Generation lernen kann, Unterscheidungen zu finden und Qualität zu erkennen, wenn die Gegenstände in der Wirklichkeit nicht mehr da sind. Das ist ja auch in den alten Antiquariaten so gewesen: Man lernt durch das Anschauen, Anfassen, und die Erklärungen von einem Fachmann, man lernt nicht durch das Reiben an der Maus und das Herumklopfen auf der Tastatur.

Die ganz seltenen Bücher wissen bald wohl gar nicht mehr, wohin sie sollen. Die gehen dann auf Auktionen oder nach Amerika und sind ganz große Spezial-Objekte, von denen man gar nicht mehr glaubt, daß es Bücher sind. Das sind dann Wunderdinge. So alles ist auseinander dividiert, das ist ganz gegen die Tradition und die Vernunft und die Buchgeschichte. Das ist der Erfolg von dem Internet, daß es das abschaffen wird, was es jetzt inflationär verteilt.

Das war jetzt zu lange gesprochen. Noch ein Zitat muß ich Ihnen geben. Ich habe es aus einem Kommentar von der Seite des Börsenblatts genommen.: http://www.boersenblatt.net/151997/. Der Verfasser ist auch ein Antiquar, wie ich gesehen habe:

„Eine Anekdote erzählt von dem Martin-Breslauer-Kompagnon Edmund Meyer, Breslauer & Meyer war das bedeutendste Antiquariat in Preußen (vielleicht in Deutschland, vielleicht in der Welt) vor 1914. Meyer sei weich von Gemüt, liebte schwärmerisch Musik, besonders Beethoven, und das stundenlange Betrachten von Kinderbüchern, berichtet Paul Leroy aus Paris. Er suchte einmal ein verlangtes Buch auf der obersten Reihe der Regale, stieß dabei auf englische Kinderbücher und vertieft in die Lektüre, blieb er gebannt auf der Leitersprosse stehen, bis ein Kunde rief: „Werde ich vielleicht endlich bedient?“ Er kam ernst die Leiter herunter. „Bedient wird hier überhaupt nicht. Ich bin nicht Ihr Diener! Aber wenn Ihnen unter meinen schönen Büchern eins gefällt, können Sie es vielleicht gegen entsprechende Bezahlung erwerben.“
Das ist ein Held, mein Held. Vielleicht geht der Kundschaft einmal der Zusammenhang zwischen eilfertiger Bereitstellung und Belanglosigkeit des Angebots auf. Darauf wollen die Datenbanken die Antiquare reduzieren, auf eilfertige Ladenschwengel“.

Ja, mein Held ist das auch. Bei so einem Herrn möchte ich auch gerne ein Buch kaufen, weil es ein Mensch ist, der die Bücher verstanden hat. Ich weiß nicht exact, was ein Ladenschwengel für eine Bedeutung hat (bei mir steht „jonge winkelbediende“, das ist vielleicht ein bißchen euphemistisch?), aber ich kann es mir denken.

Im Online-Handel geht es nicht mehr um das Buch und die Kunst, es geht nicht mehr um das Glück, etwas Schönes zu finden, oder daß man die Kultur versteht und weiter geben kann. Es geht darum, 100 Sterne bei Amazon und Ebay zu bekommen, und billige Versandkosten zu haben und Schäppchen zu machen. Aber das schafft den Rest ab von dem Originellen, darf ich sagen: Originären?

Jetzt habe ich mich genug aufgeregt, und ohne Portwein, aber das mußte doch einmal sagen

Ihr Geert de Kuyper

18 Kommentare:

  1. Vielen Dank. Ich stimme Ihnen zu. Das Gespräch im Laden fällt weg - und das ist ein Verlust, der nicht zu ersetzen ist. Wo immer Gespräche wegfalllen, geht Kultur verloren. Wie viel nimmt man auf in Gesprächen? Ganz abgesehen von der menschlichen Seite. Nun müssen wir das eben im Internet. Immerhin, auch hier lernt man Menschen kennen.

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  2. Geert de Kuyper26. Juli 2009 um 00:17

    Ja danke, Herr Iversen. Ich habe es auch ein bißchen schwarz und weiß gemalt. Es gibt ja schon noch ein paar Antiquare, die man besuchen kann, es gibt auch Messen und ähnliches. Aber das Antiquariat als symbolischer Ort der Kultur ist aufgelöst. Ich denke gerade an Irland, wo ich einmal eine Ausgabe von Defoe gekauft habe. Der Antiquar war sehr reserviert. Dann habe ich einen Spaß über Defoe und die Engländer gemacht. Nach 5 Minuten war der Laden geschlossen und es war eine Flasche Whiskey auf dem Tisch. Ich habe herrliche Foliobände gesehen, die ich noch nie gesehen habe über irische Geschichte. Der Händler hat sie im hinteren Zimmer behalten und sagte immer "Not for the tourists". Kultur ist auch immer so etwas wie ein Habitus, ein Spiel von offensiven und retardierenden Momenten. Das war sehr verschieden, von Ort zu Ort, von Land zu Land. Die Italiener sind ganz anders als die Holländer und so fort. Alle diese Betrachtungen sind nicht mehr so möglich, und das macht mich traurig.

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  3. Ja, Bücher sind keine Ware wie jede andere. Ja, es ist schön, im Laden zu plaudern und fachkundig beraten zu werden. Diese Antiquariate aber, von denen Sie schwärmen, müssen wirklich ganz besondere Geschäfte gewesen sein: Wo der Kunde den Kaufmann beim Lesen stört! Für mich stand da kein Charakter-Kopf auf der Leiter, sondern einer, dem ich als Kunde sein Buch gelassen hätte. Mein Geld hätte ich woanders hin getragen. Aber derlei Kautzigkeit trägt sicher keine Schuld am Verfall der Branche.
    Wenn das schöne, das bibliophile Buch eine Zukunft haben soll, dann müssen die, die damit handeln, es bewerben, die Nachfrage ankurbeln, den Sammler-Nachwuchs fördern. Diesbezüglich unterliegt das Buch dann doch den selben Regeln, wie jede andere Ware. Für solche niederen Tätigkeiten muß man aber erstmal von seiner Leiter herab steigen.

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  4. Lieber Herr de Kuyper,

    Ihre Darstellung des untergehenden Antiquariats und die beredte Klage, die sich daran anschließt, ist ebenso sympathisch, wie sie - unangebracht ist. Falsch, blind, ungerecht, unsozial.

    Das alte Antiquariat war eine autokratische, elitäre, zutiefst unsoziale Einrichtung. Der Chef war selten einmal gescheit, in aller Regel von bestürzend dürftiger Halbbildung, immer die gleichen abgedroschenen, humoristisch gemeinten Redewendungen auf den Lippen, die man nach einigen Besuchen auswendig kannte und als langweilig empfand. Im besten Fall, dieser Gattung würde ich mich rückschauend zuordnen, zehrte der Antiquar von einem fotographischen Gedächtnis und konnte zu jedem Thema dieser Welt irgendwelche Beiträge auf unterstem Wiki-Niveau beisteuern.

    Die sozialen Strukturen waren nicht nur erbärmlich, sondern empörend. Hilfskräfte, die Titel auf Karteikarten schreiben und Päckchen packen durften, wurden schamlos ausgebeutet und mitleidslos kommandiert. Das hatte Tradition - über die ganz unsäglichen Arbeitsbedingungen in den - post festum von Ahnungslosen verklärten - berühmten Großantiquariaten der 20er Jahre sollte besser Gras wachsen, ehe wir uns unserer Altvorderen allzusehr zu schämen haben.

    Der Antiquar schuf sich fast immer ein finsteres, kontrolliertes und mit willkürlichen Zugangshürden gespicktes kleines Universum. Ich hatte in meiner Studentenzeit in Wien und Berlin rund 50 Antiquariate wochenlang durchforstet und vergesse nie, wie düster und voller Mißtrauen die Atmosphäre in den meisten Antiquariaten war. Die Diebstahlsgefahr schuf ein beständiges Mißtrauen, die Gier auf auszunehmende dumme, aber sammelbesessene Kunden war den Antiquar ebenso anzumerken wie das Warten und Liebedienern vor ahnungslosen Witwen, denen man Zimelien für Kleinbeträge abnehmen konnte.

    Was mich bis heute wundert: Diese Ansammlung völlig verkorkster Naturen, abgebrochener, muffiger Altstudenten, kimineller und lüsterner, depressiver oder infantiler Menschen... Der Stand der Antiquare war damals schon bemerkenswert. Das ist keine Errungenschaft der Jetztzeit.

    Ich sehe den Antiquar meiner Studentenjahre als düstere, schmierig-eingebildete, grobe und gierige Person, mit schmuddeligem Hemdkragen, nach ungewaschenen Socken und Rotwein riechend, und nie vergesse ich den Geruch aus seit Jahrzehnten nicht ausgelüfteten Altmännerhosen, schlechtestem Pfeifentabak und Staub,

    2.
    Dagegen hat das heutige Antiquariat die große Chance, demokratisch zu werden. Die ganze Schwellenangst ist weggefallen. Was früher düster war, kann heute hell sein. Eine Reihe von Hausaufgaben muß erledigt werden, das ist klar. Ohne Arroganz nach unten hin muß die Ausbildungs- und Nachwuchsfrage gelöst werden; die unwürdige und gefährliche Abhängigkeit zu großen Datenbanken sollte schnellstens ersetzt werden durch ein berufseigenes, mit den Firmenseiten vernetztes Bücherportal.

    Das einst so düstere, unsoziale Antiquariat verschwindet, helle, demokratische Stukturen entstehen. Das geht um so besser, je weniger uns Nostalgiker zurückhalten wollen durch Beschwörungsformeln aus der Mottenkiste.

    Ihren Blog finde ich wunderschön, Ihre Art zu schreiben sympathisch. Selten habe ich so problematische Gedanken in so liebenswerter Form vorgetragen bekommen.

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  5. Lieber Herr Stein,

    ich möchte mich bedanken für Ihren Kommentar. Es ist so ein bißchen ein ideales Bild, was ich gemalt habe, nicht wahr? Aber ich habe es fast so erlebt, nicht bei jedem Besuch natürlich. Meistens war es auch langweilig, wenn der Antiquar so ein broodje met worst war, Sie wissen, wie ich es meine. Aber man kannte doch seine Adressen. Und Sie haben leider auch recht, daß heute der Antiquar von der Leiter heruntergehen muß, aber das ist ja das, was ich so traurig finde. Wenn Sie aber in dem Bereich mit den teuren Büchern schauen, finden Sie noch originelle Charaktere, die nicht nur immer die Dollars sehen möchten.

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  6. Lieber Herr Mulzer,

    danke Ihnen auch für Ihren Kommentar. So ich habe eine neue Zahl von Adverben gelernt, und das ist doch auch etwas Gutes. Aber es kann sein, daß Sie meine Portweinflasche getrunken haben, die ich nicht geöffnet habe gestern? Weil Sie etwas argumentieren contradictio in adjectio. Aber das ist auch erlaubt in der Rhetorik, so warum nicht hier.
    Sie haben geschrieben von den Arbeitsbedingungen in den Antiquariaten der 20er Jahre. Ja, wissen Sie, das ist ein bißchen schwierig zu beurteilen für mich, so alt bin ich auch noch nicht geworden. Aber es ist heute doch auch so, daß man "Lehrjahre" hat, die nicht immer zuckersüß sind. Das war doch sicher überall.
    Und Sie haben gesprochen von dem Universum, das war mit "willkürlichen Zugangshurden gespickt". Das gefällt mir ganz gut, dann muß ich sportiv sein und in Bewegung bleiben. Haben Sie den Hamburgensien-Meier gekannt? Der war in einem Souterrain in Hamburg, und die Sammler standen immer davor und haben auf die Öffnung der Tür gewartet, das muß gewesen sein wie die Jünger vor dem Grab Jesus, die auf den Erlöser warten. Und dann hat der Herr Meier ein Fenster geöffnet und geschimpft und ein Buch herausgegeben. Das habe ich nicht selbst erlebt, das hat mir ein Sammler aus Hamburg erzählt, der hat den 85. Geburtstag schon gefeiert. Und er hat mir auch gesagt, daß es ganz schwierig ist, einen Sammler für die Hamburg Bücher noch zu finden.
    Was Sie am Ende sagen, daß jetzt eine Chance für die Demokratie gekommen ist in dem Antiquariatshandel, das glaube ich nicht. Es ist nur eine Chance gekommen, das sich alle einig sind auf die kleinste Nummer, das alle verstehen und mitmachen können. Das interessiert mich aber nicht so sehr, das ist so ein Nivellement, das Sie alles haben können überall für 5 Cent. So ich bin ein bißchen arrogant in Ihren Augen, und ich soll in einer Mottenkiste schlafen, nicht wahr?
    Aber ich muß noch einmal lachen über Ihre schönen Wörter ("schmierig-eingebildete, grobe und gierige Person"), das ist ganz große Klasse.

    Ihr Geert de Kuyper.

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  7. Lieber Herr de Kuyper,

    ich finde ja durchaus, daß man den alten Zeiten nachtrauern darf. Es wird dabei leider oft vergessen, sich der Zukunft offen zu zuwenden (Sie tun es zum Beispiel mit Ihrem Blog).
    Das bibliophile, schön ausgestattete Buch wird sicher eine Renaissance erleben, wenn mehr elektronisch veröffentlicht wird, so als eine Art Gegenbewegung. Wie originell die Antiquare, wie die Kunden sein werden - wir werden sehen. Auch wenn man sich heute nicht mehr persönlich trifft, kann man doch sehr interessante Gedanken austauschen, dank Internet, mit Buch-Menschen, die man sonst nie getroffen hätte. Dafür auch Ihnen vielen Dank.

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  8. Lieber Herr de Kuyper,
    Sie sind sehr gewand, fast schon ein wenig Therapeut. Dank für das Zitat und auch Ihre sehr große Einfühlung, bei mir klingt schnell die Mischung aus Berliner Großschnauze, Arrogant und Janhagel drein. Bei Ihnen wird selbst der alte Demagoge fast drollig.
    Man hat mir vorgeworfen, damals und auch heute kam dieser Vorwurf wieder von Herrn Stein, daß ich respektlos gegen die Kundenwünsche wäre. Hier wird die eigentliche Fragestellung fallen gelassen. Das Antiquariat kann nicht über den Warenkorb bewertet werden, sondern nach dem Angebot, der kenntnisreichen Zubereitung, dem Ambiente des Geschäftes, der Aufgabe die sich der Antiquar gestellt hat, auch das Finderglück, eben nach dem Ganzen. Wird man nach der Verfügbarkeit und Logistik urteilen, spielen alle diese Punkte, die den Charme ausmachen, keine Rolle mehr. Ladenschwengel ist eben ein wohlansehnlicher höflicher Mensch, der jedoch außer diese Freundlichkeit nichts weiter zu bieten hat. Wie ein Bettenverkäufer, der einem nicht mehr von der Pelle geht, ständig die schnelle Lieferbarkeit betont; fragt man dann nach - wie wir aus Jux - ob Liegeroste nicht geschlechtsspezifisch unterschiedlich sein müssen, weil der Körperbau von Mann und Weib unterschiedlich ist, flieht der so freundliche Mensch und zeigt noch respektlos einen Vogel dazu. Das moderne Antiquariat, das stets verfügbar ist, weil es kaum gewünscht wird und sowieso immer nachgeschoben werden kann, hat hier einen logistischen Vorteil, aber eben nur den. Bedienung aus der Mülltonne oder der Garage zeugt auch nicht eben von Respekt.
    Mulzer ist natürlich in seinen Stereotypen verhakt, demokratischer wäre das Gewerbe heute, so ein Quatsch, oder doch, in einem Einmann- oder Einfraubetrieb hat natürlich nur der eine das Sagen. Demokratie hat für mich etwas mit Behaupten des Einzelnen (dies ist eben Autonomie) zu tun. Hier war der Antiquar vor 1914 bestimmt autonomer, frei von Verpackungs-, Feinstaub-, AGB- etc. pp- Verordnungen. Janhagel hieß das normale Schiffsvolk in Holland, zu Zeiten der Vollbeschäftigung gar nicht im abwertenden Sinn, dann als dies Volk nur rumlungerte, übrigens auch wundervoll malerisch, wurde es als nörgelndes Pöbelvolk verurteilt. Besuchen Sie mich, wenn Sie einmal in Berlin sind, in meinem malerischen Siechkobel.

    Mit freundlichen Grüßen
    Marcus Haucke, Berlin-Westend

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  9. Sehr geehrter Herr de Kuyper,

    wie uns schon Marx erklärte: "Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein".

    So ist es wohl auch bei den Büchersammlern, Lesern und Antiquariaten.

    Es machte früher doch einen großen Unterschied aus, ob man als Jungspund in Hamburg, Berlin, Frankfurt oder Amsterdam (etc.) durch Antiquariate verschiedenster Ausrichtung streifen konnte, oder in einem winzigen Provinznest aufwuchs, und auf einen An- und Verkaufsladen im nächsten größeren Ort zurückgreifen musste.

    Heute sind die Bücher durch das Internet für jeden Bücherfreund erreichbar! Das wirkt durchaus demokratisierend.

    Sicherlich ist seit ein paar Jahren ein starker Preisverfall zu beobachten. Dies ist sehr bedenklich, da es daduch zu einer Abwertung des Buches im Empfinden des Käufers und Sammlers kommt. Und sicherlich sind derzeit erheblich zu viele Anbieter mit schlecht oder gar nicht beschriebenen Buchangeboten auf den Portalen unterwegs.
    Aber dies wird die Zukunft regeln. Eine Vielzahl der heutigen 1-Cent-Anbieter wird auf Dauer entweder die Lust an der Arbeit verlieren, oder sich wirtschaftlich nicht halten können. Denn, das haben wir schon bei einem früheren Boom der New-Economy gesehen: am Ende gelten für alle die gleichen kaufmännischen Gesetze.
    Nach meiner Beurteilung wird es in den nächsten Jahren zu einer Konsolidierung des Marktes kommen. Die fortschreitende Entwicklung der e-Books wird ihren Beitrag dazu leisten. Das Ansehen des gedruckten Buches, als etwas Wertiges, etwas Besonderes, wird wieder deutlich steigen.
    Spätestens dann, wenn einem das bei amazon gekaufte und bezahlte E-Book von amazon per "Fernwartung" schwupps wieder vom Kindle-Reader gelöscht wird ( wie unlängst mit 2 Titeln geschehen ), wird der Leser sich schlagartig der Wertigkeit des gedruckten Buches bewusst.

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  10. Sehr geehrter Herr de Kuyper,

    zunächst einmal vielen Dank und ein großes Lob für diesen schön gestalteten und informativen Blog.

    Als junger Bücherliebhaber - mit 22 Jahren darf ich das hoffentlich noch sagen - finde ich die Gedanken, die hier ausgeführt werden, sehr interessant. Seit ca. sechs Jahren kaufe ich alte Bücher an und verkaufe sie, wenn ich zuviele davon habe (habe leider nicht soo viel Platz).

    Zunächst habe ich auf Flohmärkten und in EINEM Laden-Antiquariat gesucht. Nun erwerbe ich für mich interessante Bücher bei Buchauktionen, über eine oftgeschmähte Internetplatform und bei EBAY (wo ich auch meine "Überschüsse" verkaufe.

    Sicherlich werden Sie sich wundern, warum ich nur EIN Laden-Antiquariat aufgesucht habe. Ich kann es Ihnen ganz leicht erklären: Auf einer Fläche von über 6000 Quadratkilometern (einer größeren Gesamtfläche als das DOPPELTE SAARLAND !!!) finden sich gerade einmal 10 (!!!) Antiquariate - davon 2 reine Versandantiquariate.

    Ich selbst würde mich nur bedingt als Bücher-Sammler bezeichnen, aber meine thematischen Schwerpunkte habe ich. Stellen Sie sich nun vor, Sie suchen an meiner Stelle ein bestimmtes Buch. Was würden Sie tun, wenn Sie ein einzelnes Buch suchen ? Eine Online-Plattform nutzen oder diese riesige Fläche abfahren (bei den Spritpreisen), um am Ende in den verbleibenden 8 Antiquariaten das Buch nicht zu finden? (6 dieser Antiquariate befinden sich in einem Umkreis von 15km und wurden schon einer persönlichen Bewertung von mir unterzogen....)

    Wenn ich in einer Großstadt wie Berlin, München oder Köln oder in deren Einzugsgebiet leben würde, würde ich nicht jammern, aber so tue ich es nicht.

    Alle zwei Monate erhalte ich als Mitglied einer großen Bibliophilen-Gesellschaft die Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" zugeschickt und schaue als erstes in die Katalog-Liste. Es ist nicht nur mühselig, jeden einzelnen interessanten Antiquar immer wieder anzuschreiben, sondern auch frustrierend, wenn man zu lesen bekommt, dass jener Katalog dann doch eine (nicht erwähnte) Schutzgebühr habe oder schon "vergriffen" sei.
    Manchmal wird einem erst gar keine Nachricht gegeben. Auch so kann man potentielle Käufer auf die Plattformen treiben und dann jammern, wenn man nichts verkauft.

    Ich hoffe, dass ich aufgrund dieser Schilderung gezeigt habe, dass Plattformen auch etwas gutes haben. Wenn bei mir die antiquarische Infrastruktur anders wäre, würde ich von dne Plattformen weg gehen. Denn jedes Mal, wenn ich auf Reisen bin, schaue ich als erstes in die "Gelben Seiten" und schaue, wo erreichbare Antiquariate liegen. Einen persönlichen Kontakt und die angenehme Atmosphäre eines schönen Laden-Antiquariats können weder ein Katalog und erst recht nicht
    sterile und uni-sonore Platt-Form-Beschreibungen ersetzen.

    SCHADE, DASS MAN ALS KUNDE (FAST) DAZU GEZWUNGEN WIRD.

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  11. Mein lieber Bücherjunge,

    Wer oder was zwingt Sie, Bücher zu kaufen, um sie wieder zu verkaufen? Sie sind kein Büchersammler. Und Ihre Schilderung hat was gezeigt?

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  12. Hallo Martin,

    der raue Ton ihres Blog-Eintrages scheint mir ein wenig überzogen und - um ehrlich zu sein - sehr unhöflich.

    Natürlich zwingt mich niemand, Bücher zu kaufen und dann wieder zu verkaufen. Allerhöchstens der Platzmangel in meiner Kämmenade, in die so manch dickstirnige (sic!) Person keinen Platz finden würde. Menschen aus meinem Freundeskreis haben mich schon häufiger als Büchersammler bezeichnet, jedoch würdie ich dies selbst nur bedingt tun, da ich keine Spezial-Sammlung aufbauen und mich auf ein Thema festlegen möchte.
    Wer dies tut, ist für mich ein "Sammler" nach MEINER Definition. Diese Definition ist subjektiv und soll nicht Inhalt dieses Blogs sein. An dieser Stelle hat Ihr Beitrag - verzeihen Sie mir persönliches Urteil - keinen Wert.

    Mir geht es vielmehr darum, einzelne schöne oder auf ihrem Gebiet wichtige Bücher zusammenzutragen und so einen Querschnitt zu erhalten. Wie oben erwähnt habe ich ein Spezialgebiet, was ich kontinuierlich beackere.

    Was meine Schilderung zeigen soll? Wie sich die antiquarische Struktur mir offenbart. Zum einen die Infrastruktur hier bei mir vor Ort. Zum anderen aber auch wie sich Händler mir gegenüber verhalten bzw. welche Erfahrungen ich gemacht habe.

    Dieser Blog sollte qualifizierten Beiträgen (Erfahrungsberichten und Anekdoten) dienen, sofern ich dies richtig verstanden habe. Ein Beitrag wie der Ihrige erscheint mir deshalb nicht gerade passend.

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  13. Lieber Herr Hauke,

    ich muß mich sehr bedanken für Ihren Kommentar. So ich weiß es jetzt, daß der Janhagel ist von Rotterdam gezogen nach Berlin, wenn ich Ihnen glauben darf. Aber das kann nicht sein, daß die Berliner so arrogant sein sollen, weil Sie sehr freundlich geschrieben haben. Ich bin ein bißchen ruhig geworden, daß der „Ladenschwengel“ nicht das bedeutet, was das Wörterbuch übersetzt, wenn man die Wörter trennt. Das soll man nicht in der Öffentlichkeit schreiben, weil auch Damen es lesen können.

    Ich habe es schon gemeint, daß wir in allem etwas gleich denken. Ja, wissen Sie, ich verstehe naturlich den Herrn Stein auch und ich glaube es, daß Sie es auch tun, das kann man schon aus Ihren Worten lesen. Aber es ist immer eine Frage, ob ich alles so akzeptieren muß, nur weil es auf einmal so geworden ist. Ich habe so einen Willen des Widerstands in mir, der mir das verbieten möchte. Aber ich kann es glauben, daß auch die jungen Händler heute keine anderen Chance haben, sie müssen es mitmachen.

    Wenn es doch noch in meinem Leben sein kann, dann besuche ich Sie naturlich in der Idylle von dem Siechkobel (der Krünitz hat mir geholfen, daß es für aussäßige Personen ist, die nicht in der Mitte von der Gesellschaft leben können. Das ist nicht so schlecht, finde ich).

    Ihr Geert de Kuyper

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  14. Lieber Boekjongen,

    danken möchte ich Ihnen für Ihren netten Kommentar. Ja, Sie sind so jung, das muß ich sagen. Sie können es nicht mehr gesehen haben, daß es vielleicht mehr Antiquariate gegeben hat, auch bei Ihnen in einer kleinen Stadt? Es war bestimmt auch so, daß die kleinen Läden nicht alle so gut waren und manchmal so duster, wie der Herr Mulzer es beschrieben hat. Aber es war auch bei den schlimmen Leuten lustig für mich, vielleicht weil ich immer „cool“ alles für mich gesehen habe, das ist ja nicht vielleicht immer nur o.k., aber man kann nicht seine Haut ausziehen.

    In den großen Städten hier haben wir auch nur noch ganz wenig Antiquare. Sie können in ein Telefonbuch schauen, da sind viele Adressen eingetragen, aber nur noch zwei oder drei Winkels sind in Betrieb. Und die haben auch nicht die Bücher, die ich haben will, so ich muß viel telefonieren, und es ist meistens im Ausland.

    Ich habe es auch nicht so verstanden, daß Sie Bücher kaufen, damit Sie wieder verkaufen können und viel Geld dabei machen. Ich habe manchmal auch ein Buch weg gegeben, aber immer zu einem Antiquar, den ich lieb gehabt habe, und ich bin immer so fast ganz gut dabei zufrieden gewesen. Ich wünsche Ihnen, daß Sie so schöne Zeiten haben werden mit Ihren Büchern wie ich sie immer gehabt habe mit meinen Stücken und Gemälden, und vielleicht mieten Sie auch eine größere Wohnung?

    Ihr Geert de Kuyper

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  15. Lieber Herr Paulitz,

    jetzt sage ich zum dritten Mal herzlich Danke schön, und ich bin ganz erschreckt, daß mich so viele Leser gefunden haben. Ihre Prognose habe ich gerne gelesen und ich hoffe es auch, daß ein gedrucktes Buch in der Welt erhalten wird. Aber ich glaube, daß ich es nicht mehr erleben kann und daß es noch schlimmer geworden ist, bis ich abgestorben bin. Aber danach wird es vielleicht dann wieder besser.

    Ich habe auch noch einmal nachgedacht wegen der Demokratie in dem Antiquariatshandel. Das ist eine bidirectionale Frage. Wenn man einen Handel macht, das weiß man ja als Oeconomist, ist das gar nicht demokratisch schon durch das Interesse, weil der eine etwas gewinnen will und der andere auch. Das ist der Spaß bei dem Handel. Und es können auch nicht alle Menschen die gleichen Chance haben, auch nicht durch das Internet. Das ist, so glaube ich, eine falsche Idee. Es muß eine Demokratie geben, das ist ja klar, in der kann der Handel sein, aber ich verstehe es nicht, was ein demokratischer Handel ist.

    Wenn man viel Hunger haben muß, ist das bestimmt nicht schön und man muß sich quälen, daß man etwas zu essen organisieren kann. Aber heute ist es doch ganz anders, so daß man sich für wenig Geld bei dem Discounter Essen kaufen kann, das man gar nicht alles aufessen darf oder man platzt wie ein Balloon. Aber das Essen schmeckt alles gleich. Ich muß es leider sagen, daß die Tomaten aus den Niederlanden sind ganz schön billig, aber sie schmecken wie eine Wasserkugel. So es ist genug zum Sattwerden da, aber man muß suchen gehen nach den guten leckeren Sachen. Ein bißchen so ist es doch auch mit den Büchern, die sind die Nährung für das Gehirn und die Augen, und mit dem Internet.

    Ich muß aber ganz ehrlich sein, weil sie den Satz von Karl Marx zitiert haben. Das ist naturlich auch ein wichtiger Aspekt, daß ich mich nicht viel um das Geld bekümmert habe in meinem Leben. Aber ich bin noch nicht so schlimm wie die Marie Antoinette, die zu den Leuten aus dem Volk gesagt hat, wenn sie kein Brot mehr haben, müssen sie Kuchen essen.

    Ich wünsche Ihnen, daß Sie noch ganz viel Kuchen essen können und viele gute Bücher verkaufen.

    Ihr Geert de Kuyper

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  16. Hallo Herr de Kuyper,

    leider gab es in meiner Stadt niemals ein Antiquariat (obwohl hier ca. 35.000 Menschen leben). Dies an sich stört mich auch nicht. Es ist nur bedauerlich, dass sich insgesamt die Antiquariatskultur in Deutschland so verändert, dass nur wenig von alten und sicher auch bewährten Traditionen erhalten bleibt.

    Sicherlich hat sich jeder Berufsstand im Laufe der Zeit verändern müssen, denn das gehört einfach zur Geschichte.
    Vor einigen Monaten stand in der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" ein interessanter Beitrag über die großen Antiquare aus Deutschland, die während oder nach der NS-Herrschaft Deutschland verlassen haben oder zu Tode gekommen sind. Auch der eingangs erwähnte Martin Breslauer war unter ihnen. Der Autor des Berichtes schließt - nicht ganz worttreu - damit, dass Deutschland sich von diesem "Genozid der Antiquare" niemals erholen konnte - selbst bis heute nicht. Wer weiss, wie der Antiquariatsbuchhandel heute aussähe, wenn die großen und intellektuell einflussreichen Antiquare wie Rosenthal, Baer, Breslauer, Junk etc. den Krieg überstanden hätten und in Deutschland geblieben wären....Aber diese Gedanken sind müßig, denn es ist ein Traum.

    Realität ist vielmehr, dass es heute schwierig ist, einen Nachfolger für ein Antiquariat zu finden. Realität ist, dass in Deutschland (vielleicht auch in anderen Ländern wie z. B. den Niederlanden) der Sammlernachwuchs fehlt. Realität ist, dass sich dieser junge und aus ökonomischer Sicht wichtige Nachwuchs mehr für protzige IPhones und schnelle Autos interessiert als für ein handwerklich schön gestaltetes Buch (egal, wie alt es sei).
    Dieses Problem kann aber nicht von den "jungen Menschen" - meinen Altergenossen - gelöst werdne. Vielmehr muss es Aufgabe der Antiquare sein, junge Menschen für ein solches Gebiet zubegeistern.

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  17. Otto W. Plocher30. Juli 2009 um 12:47

    Lieber Herr de Kuyper,

    ich grüße Sie. Es ist nun wohl schon 7 Jahre her, daß wir zum letzten Mal miteinander telefoniert haben. Es ging damals, Sie erinnern sich bestimmt, um Abraham à Santa Clara. Und jetzt finde ich Sie im Internet wieder, und dann noch mit einem eigenem BLOG. Das ist, was soll ich sagen? Eine freudige Überraschung.

    Ich selbst bin wieder im Nordwesten gelandet, nach einer längeren Odyssee. Aber das ist ein eigenes privates Thema, obwohl es teilweise auch mit den Umwälzungen im Antiquariatshandel zu tun hat.

    Ich habe einige Tage gezögert, Ihnen zu schreiben. Man könnte so viel sagen, das wäre mehr als abendfüllend. Vielleicht nur dieses: Sie sprechen mir mit Ihrem Beitrag aus der Seele, aber die Seele sitzt in einem Körper (in meinem Fall einem ziemlich umfangreichen), und der will ernährt werden. Auch ich muß die durch das Internet herbeigeführte Zwitter-Existenz führen und die Hälfte der Zeit in die Titelaufnahme und die Bestückung der Plattformen stecken. Die Zukunft des eigentlichen Antiquariatshandels sehe ich aber darin nicht. Viele Kollegen machen sich darüber viele Gedanken und führen lange Debatten. „Wir werden alle verwandelt“ (Händel, Messias), aber wie die Metamorphose endet, weiß keiner.

    Ich wünsche Ihnen, der Sie noch ganz andere Zeiten erlebt haben, daß der Zephyr des Finderglücks noch lange Ihre Segel blähen und Ihre Ladeluken füllen möge. Zweifel daran habe ich nicht.

    Ihr Otto W. Plocher

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  18. Lieber Boekjongen,

    ja, es ist möglich, daß es dann anders geworden wäre, wenn die alte Intelligenz noch in Deutschland da wäre. Aber es ist ja eine Intelligenz da, so ist es doch nicht, aber es muß auch eine Basis geben, die funktioniert und die Spitze tragen kann. Da haben Sie bestimmt recht, daß die Antiquare die jungen Leute suchen müssen und überzeugen müssen. Sie können auch nicht alles machen, die Antiquare, es muß aus der Gesellschaft geschehen. Ein schnelles Auto ist auch schön, das muß ich sagen, aber es ist nicht genug, um ganz glücklich zu sein, nicht für mich.

    Ihr Geert de Kuyper

    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

    Lieber Herr Plocher,

    ich grüße Sie auch und ich habe mich sehr gefreut und gewundert, daß Sie hier einen Kommentar geschrieben haben in meinem BLOG. Ja, ich weiß es noch ganz gut, daß wir telefoniert haben in meinem Bureau (das habe ich jetzt nicht mehr) über den "Heilsames Gemisch Gemasch", das ging etwas hin und her wegen dem restaurierten Rücken. Aber es ist ein sehr gutes Exemplar wegen der perfekten Abdrücken von den Luyken Kupferstichen. Und es ist auch noch ein anderes Buch von Ihnen bei mir, die colorierte Ausgabe der "Molly the maid of the Inn".

    So ich habe naturlich auch gedacht an Ihr schönes Antiquariat in Oldenburg. Es ist dort aber kein Nachfolger gekommen, ich bin einmal dort vor Jahren auch gewesen. Ich habe es nicht gewußt, daß Sie wieder in die Nähe gekommen sind. Aber ich habe Sie jetzt gefunden im ZVAB, Sie haben es ja geschrieben. Aber ich habe noch nicht viel geschaut nach den Büchern, nur nach der Adresse und Telefonnummer.

    So ich denke wir werden uns wieder etwas unterhalten bei einer guten Gelegenheit. Und ich hoffe nicht, daß Sie zu sehr verwandelt werden. "Fluctuat nec mergitur", das wünsche ich Ihnen. Und herzlichen Dank für Ihre guten Wünsche, so einen Zephyr kann man brauchen.

    IhrGeert de Kuyper

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